KKZ: Kapitel 64 – 70

Kapitel 64 – Ein geheimes Abkommen
Kapitel 65 – Auf, auf!
Kapitel 66 – Jumon will es wissen
Kapitel 67 – Gut geflogen
Kapitel 68 – Im Freizeitpark
Kapitel 69 – Einsicht in düstere Arbeiten
Kapitel 70 – Geentert


Kapitel 64 – Ein geheimes Abkommen

Es wurde langsam Nacht, als ein Mädchen mit blonden Haaren genug vom Laufen hatte.
„Schatz, wollen wir nicht eine Pause machen? Wir können sie morgen sicherlich einholen“, bat sie ihren Freund und schmiegte sich an seine Brust.
„Na gut“, gab ihr Freund nach, „Wir sind ja heute lang genug gelaufen.“
Dann setzte er sich auf den Boden, lag seine Tasche beiseite und ließ sich ins Gras fallen.
„Wann wir sie wohl endlich finden werden?“, seufzte das Mädchen und setzte sich neben ihren Freund.
„Kopf hoch, das wird schon, Oto…“, munterte er sie auf. Zärtlich streichelte er ihren Rücken, während sie in den Sternenhimmel blickte.
„Es ist echt schön hier, nicht wahr Ama? So friedlich.“
„Das stimmt. Schön, auch mal wieder aus dem ganzen Großstadttrubel herauszukommen.“
„Wie Recht du hast. Das habe ich in der Zeit schon fast vergessen gehabt.“
Oto beugte sich zu Ama und gab ihm einen Kuss.
„Ich liebe dich“, hauchte sie in sein Ohr.
Ama musste grinsen. Es war so schön, mit Oto zusammen zu sein. Schon seit ihrem ersten Treffen wusste er, dass in ihr etwas Besonderes steckte.
Sie lehnte sich weiter über ihn. Ihre blonden Haare fielen in sein Gesicht und kitzelten seine Nase. Erleichtert atmete Ama aus. Es war schön auch solche Momente zu erleben, etwas ganz anderes, als die Hektik, die sie seit ihrem Aufbruch hatten. Der Druck, Ginta so schnell wie möglich wiederzusehen und mit ihm zu reden, war ziemlich hoch gewesen. Jedoch konnte Oto dank Ama einmal für einige Minuten die Augen schließen und Ruhe atmen. Bald würden sie es schaffen, Ginta und die anderen einzuholen.

Auf einmal hörten die Beiden ein lautes Platschen, als ob etwas in den See gefallen wäre. Neugierig standen sie auf und betrachteten das Geschehen. Ama musste genauer hinsehen, damit er erkannte, dass eine Person im See schwamm.
„Das ist wohl nur ein Nachtbader“, meinte er und wollte sich wieder hinlegen.
Aus einem unerfindlichen Grund konnte Oto ihren Blick aber nicht abwenden. Wer war diese Person? Sie kam ihr so vertraut vor. Die Person tauchte, dann dauerte es etwas, bis sie wieder an die Oberfläche des Wassers kam. Dann tauchte sie wieder ab.
„Es gibt schon komische Personen“, murmelte Oto.
„Dass es ihm zum Schwimmen nicht zu kalt ist, ist schon ein Wunder…“, meinte Ama und gähnte.
In Oto machte sich plötzlich ein komisches Gefühl breit. Ihre Sorge ließ sie unruhig hin und herrutschen.
„Beobachtest du ihn immer noch?“, wunderte sich Ama.
„Ja…“, meinte Oto, „Entweder kann der sehr lange die Luft an halten, oder…“
Sie wartete einen Augenblick, bis sie weitersprach.
„… oder er kommt nicht mehr hoch.“
„Wie lange ist er jetzt schon unten?“, fragte Ama, der die Zeit aus den Augen verlor.
„Etwas…“, antwortete sie.
Ein wenig später fing die Wasseroberfläche sich zu bewegen an und dann stiegen einige Blasen auf.
„Schatz, ich glaube der geht unter“, sagte sie mit zittriger Stimme.
„Wirklich?“, erkundigte sich Ama und stand auf um sich das anzusehen, „Tatsächlich!“
Schnell zog er seine Jacke aus, warf sie auf den Boden und sprintete zum Wasser, um dann hineinzuspringen. Oto folgte ihm zum Ufer.
Ama schwamm so schnell wie möglich zur Stelle, holte tief Luft und tauchte ab.
Was er da zu erkennen glaube, erstaunte ihn. Es war nicht irgendeine Person, es war Ginta. Die Strömungen waren sehr stark, was sehr merkwürdig für einen See war.
Er tauchte also tiefer um zu Ginta zu gelangen, er packte ihn unter den Armen und zog ihn nach oben. An der Oberfläche angelangt schwamm er mit dem bewusstlosen Jungen zum Ufer.
„Oto!“, rief er, „Er ist verletzt!“
Dieser Satz legte in ihrem Kopf einen Schalter um. Ohne zu zögern schnappte sie sich ihre Tasche, in der das Nötigste drin war und rannte zurück zum Ufer. Dort angekommen sah sie zu, wie Ama das Wasser aus Gintas Lunge presste. Er holte wieder Luft.
„Ginta“, murmelte sie während sie seine Wunde säuberte, einsalbte und verband.
„Endlich haben wir dich gefunden“, sprach sie den bewusstlosen Jungen an, „Ich muss dir doch so dringend etwas erzählen…“
Sie streichelte sein feuchtes Haar.
„Oto“, unterbrach sie Ama.
„Was ist?“, wunderte sie sich und sah ihren Freund verzweifelt an.
„Schön dich zu sehen“, sagte plötzlich eine andere Stimme und eine weitere Person trat hinter einem Baum hervor.

Die Person nahm ihre Kapuze herab. Es war dunkel, aber dennoch konnten Oto und Ama erkennen, um wen es sich bei dieser Person handelte.
„Ryoma? Was… was machst du denn hier!?“, geschockt stand sie auf.
„Oto, wir sollten reden…“, fing er an und nickte Ama kurz zur Begrüßung zu.
„Was soll das!?“, brüllte Oto und fing fast zu weinen an, „Wieso verschwindest du einfach, ohne was zu sagen und… und…“
Oto hätte sich am liebsten auf ihre Knie fallen lassen. Was suchte Ryoma hier und wieso trug er die Uniform der Shal?
„Oto, beruhige dich“, meinte Ryoma und zog sich wieder die Kapuze über, „Ich habe meine Gründe dafür…“
„Was hast du für Gründe in den Archiven einzubrechen und Daten zu stehlen!? Arbeitest du für die Shal?“
„Du verstehst das falsch…“
„Was kann ich daran falsch verstehen? Ama hilf mir doch…“, verzweifelte Oto.
„Hör zu Ryoma, sag uns einfach, was das soll“, bat er ihn auf eine bestimmte, aber dennoch höfliche Art.
„Du müsstest wissen, Oto, dass ich niemals den Shal freiwillig beitreten würde.“
„Wieso siehst du dann aus wie einer?“, fragte sie. Seine Antwort verwirrte sie nur noch mehr.
„Ich habe da etwas nachzuforschen. Es geht um mich. Tut mir Leid, falls ich einen falschen Eindruck hinterlasse.“
„Einen falschen Eindruck!? Was meinst du, wie das wirkt, wenn man einfach ohne etwas zu sagen abhaut? War das so dringend?“
„Ja, es war so dringend!“, meinte Ryoma und kam Oto näher. Seine Augen leuchteten. „Es ist mir eben wichtig. Deswegen…“
„Deswegen was?“, hakte Ama nach.
„Deswegen bitte ich euch, Ginta nichts zu erzählen. Er soll nicht glauben, dass ich den Shal beigetreten bin, oder nur so tue.“
„Was meinst du, mit nur so tun?“, wollte Oto wissen und blickte kurz zu Ginta. Er war immer noch bewusstlos.
„Es ist einfacher, die Shal von innen zu zerschlagen. Außerdem komme ich so an die Informationen die ich brauche, um meinem Ziel näher zu kommen“, erklärte Ryoma und drehte  seinen Kopf beiseite um zu seufzen.
„Ich kann euch noch nicht alles verraten“, meinte Ryoma, „Aber ich bitte euch als Freunde, dass ihr es ihm nicht sagt.“
„Wie gefährlich ist deine Mission?“, wollte Ama erfahren.
Ryoma brauchte nichts sagen. Er zog einfach seinen linken Ärmel nach oben. Zu sehen war eine tiefe, lange Narbe auf seinem Oberarm.
Oto wusste nicht, was sie denken sollte. Ryoma folgte also einem Ziel, tat so als wäre er ein Shal um an Informationen zu kommen und sie gleichzeitig von innen zu zerschlagen? Sie versuchte alles so gut wie möglich zu verstehen und nachzuvollziehen.
Ryoma krempelte den Ärmel wieder nach unten.
Dann war es still, keiner traute sich etwas sagen.

„Jetzt haben wir ihn endlich eingeholt“, meinte Oto plötzlich, „Und ich merke, dass er bis jetzt ganz gut allein zurecht kam.“
„Vergiss nicht die anderen“, sagte Ryoma, „Er ist nicht allein, das war er nie.“
Auf einmal hörten sie etwas knacken.
„Da kommt wer…“, bemerkte Ama.
„Es ist Shiana!“, erkannte Ryoma und sagte noch schnell, „Ich muss wieder…“
Dann wollte er gehen aber Oto hielt seinen Arm fest. Sie drehte sich zu Ama und nickte ihm zu. Irgendwie verstand er, was sie meinte.
„Ryoma, können wir dir nicht helfen? Ginta braucht unsere Hilfe momentan noch nicht und ich merke, dass du die Hilfe mehr brauchst.“
Ryoma zweifelte, dass ihm Oto und Ama eine Hilfe sein könnten. Aber er konnte einfach nicht nein sagen, als er in Otos Augen sah.
„Na gut!“, gab er nach und rannte los. Oto und Ama folgten ihm ohne zu zögern.
Kurz darauf fand Shiana Ginta am Ufer liegen.


Kapitel 65 – Auf, auf!

Die Sonnenstrahlen schienen durch die Kronen der Bäume. Durch das Licht glitzerte der Tau auf dem Gras und den Blättern der Büsche. Ginta seufzte auf, als er aufwachte. Sein Brustkorb bewegte sich schwer. Langsam tastete er sich ab und spürte den Verband, der um seinen Körper gewickelt war. Mit einem Ruck zog er seine Hand von der Verletzung weg. Ein stechender Schmerz fuhr durch seinen Körper. Vorsichtig setzte er sich auf. Hinter ihm lag eine unruhige Nacht.
„Guten Morgen“, flüsterte eine Stimme. Ginta sah sich um und entdeckte Shiana, die die aufgehende Sonne betrachtete.
„Morgen“, antwortete Ginta leise.
Was sollte er noch sagen? Er traute sich nicht, ein Gespräch mit ihr anzufangen. Vielleicht lag es an ihrem komischen Verhalten in letzter Zeit, vielleicht auch wegen dem peinlichen Ereignis von letzter Nacht. Oder der Grund war dieses eigenartige Gefühl, das ihn davon abhielt, während er Shiana so betrachtete, wie sie in die Ferne starrte. Das sanfte Licht ließ ihre weiche, blasse Haut leuchten. Ihr blaues Haar betonte ihre funkelnden Augen, sodass man sich in ihnen verlieren konnte.
Sie bewegte Ginta.
Er biss sich auf die Unterlippe. Es war die Unsicherheit in ihm, die ihn aufwühlte und seine Gedanken durcheinander brachte. Ginta mochte Shiana sehr, er mochte alles an ihr. Doch er konnte sich ihr Verhalten nicht erklären. Dieses Mädchen war undurchsichtig, in dem, was sie dachte, was sie sagte und wie sie handelte. Es war verwirrend.
Ginta bemerkte nicht, dass Jumon seine Augen geöffnet hatte und ihn beobachtete. Auch, dass Jumon einen gewissen Verdacht hatte, bemerkte Ginta nicht sofort. Erst als ein weiteres „Guten Morgen“ ihn aus seinen Gedanken riss, fand er sich wieder. Diese Fragen, die sich Ginta stellte, sollten ihn noch eine Weile begleiten.

Es dauerte nicht lange, da wachten die Anderen auf. Zusammen frühstückten sie etwas und machten sich für die Weiterreise startklar. Diesmal führte Denji wieder die Gruppe an, da er sich in dieser Gegend besser auskannte als der Rest der Gruppe.
„Ach, ist das nicht ein schöner Tag?“, meinte Denji und tänzelte in Kreisen über die Wiese.
„Au ja!“, rief Tsuru, packte sich Kûosas Tatzen und tanzte ebenfalls umher.
Matra und Sayoko seufzten. Jumon blickte mal wieder starr in eines seiner Bücher und auch Ginta und Shiana machten momentan nicht den glücklichsten Eindruck.
„Was ist denn mit euch los?“, wunderte sich Denji der mit seinen Fingern Ginta ein falsches Lächeln ins Gesicht zaubern wollte. Doch dieser schob nur Denjis Hand beiseite.
„Dann halt nicht…“, schmollte Denji und verschränkte die Arme vor seiner Brust.
„Sag mal…“, warf Sayoko plötzlich ein, „Wie geht es deiner Wunde, Ginta?“
„Meiner Wunde?“, wiederholte er leise und tastete noch einmal vorsichtig seine Brust ab. Wieder fuhr ihm der Schmerz durch den Oberkörper. „Es tut immer noch weh, aber es wird langsam besser.“
Die Wunde… Ginta erinnerte sich langsam an das, was letzte Nacht passiert war. Wollte er nicht nach diesem komischen leuchtendem Etwas tauchen? Aber was war das gewesen? Und was machte dieses Schiffswrack dort? Halt. Ginta wurde plötzlich noch mehr bewusst. Eine Person, die aussah wie Ryoma hatte ihn doch gerettet. Aber das konnte gar nicht sein. Ryoma war sicherlich irgendwo anders. Und wieso sollte ausgerechnet Ryoma ihn retten? Ginta konnte sich keinen Reim darauf machen. Es wurde langsam alles viel zu viel!
„Hört ihr das auch?“, unterbrach Denji plötzlich die Stille und hielt eine Hand an sein Ohr, um besser hören zu können.
„Was meinst du?“, wunderte sich Matra.
„Ich höre einige Menschen. Scheint als wäre viel los“, erklärte er und lief gleich zwei Schritte schneller.
„Das ist doch normal, dass an einem See Menschen sind, oder nicht?“, meldete sich Jumon auch mal zu Wort, dem nicht entging, dass Myu ganz in seiner Nähe lief.
‚Diese Katze…‘, dachte er sich und seufzte.
Denji, der schon beachtlich an Vorsprung gewann, kam auf einmal wie ein geölter Blitz zurückgestürmt. Dann stammelte er erst unverständliches Zeug vor sich her, während er auf der Stelle hüpfte und komische Bewegungen mit seinen Händen machte.
„Was, was ist denn los?“, hakte Sayoko nach, die sein Herumgehopse nicht ganz verstand.
„Dort, dort sind Artistenleute! Das ist ja so obercool!“, freute sich Denji und wollte schon wieder davonstürmen.
„Artisten? Was ist daran so besonders?“, wandte Matra ein, „In unserem Dorf können selbst die alten Leute solche Tricks.“
„Aber… das sind… Artisten“, stammelte Denji und rannte davon.
„Wenn er doch solche Freude daran hat“, gab Sayoko nach und blickte erwartungsvoll in die Runde.
Als Antwort bekam sie nur ein Schulternzucken und so folgten die Anderen ihm zu einem etwas größeren Platz. Auf diesem Platz war eine kleine Tribüne aufgebaut, deren Hintergrund mit einigen Vorhängen verdeckt war.
Ein muskulöser Mann mit gebräunter Hautfarbe und einer violetten, seidenen Hose stand auf der Tribüne und demonstrierte gerade seine Kraft. Er hob nicht nur eine, nein auch nicht zwei, sondern gleich drei Frauen gleichzeitig in die Höhe.
Ein Staunen ging durch das Publikum als er sie noch höher in die Luft streckte. Die Frauen unterschiedlichen Alters, die er hochhob, kicherten und waren selbst erstaunt darüber, wie stark dieser Mann war.
In der Zwischenzeit ging ein gebückter Kerl mit Glatze und eine Frau, mit langen blonden Haaren, die sie zu einem geflochtenen Zopf nach hinten zusammengebunden hatte, durch die Reihen. Sie fiel ganz besonders auf, da sie eine rosarote Seidenhose trug und dazu ein ganz knappes Oberteil, das eher einem Bikinioberteil glich, das nur von einem transparenten Tuch etwas verhüllt wurde.
Die beiden Personen sammelten Geld von den Zuschauern ein.
Denji, der in der Masse stand spendete natürlich auch etwas um diese Artisten zu unterstützen. Doch irgendwie unterstützte er die Artisten mehr als er wollte. Denn der Glatzkopf zog ihm die Geldbörse aus der Tasche, direkt danach, als Denji sie wieder hineingesteckt hatte. Eigentlich hätte er dies gar nicht bemerken müssen, denn er war durch die blondhaarige Frau und dem Muskelmann auf der Bühne so abgelenkt. Trotzdem waren seine Sinne so geschärft, dass er im nächsten Augenblick eine Tigerkralle aus seiner Tasche zog und sie bedrohlich an die Kehle des glatzköpfigen Mannes hielt. (Die Tigerkralle ist eine Art rechteckiger Handschuh, den man sich nur auf den Handrücken legt und durch eine Querverbindung gehalten werden kann. In diesem Fall ist der Handschuh mit einem tiger-gemustertem Fell überzogen. Drei bis vier Klingen ragen in der Regel aus dem vorderen Ende des Handschuhs.)
„Nicht so schnell mein Freund…“, sagte Denji plötzlich mit tiefer Stimme, „Du hast mir nicht gerade meinen Geldbeutel gestohlen?“
„Nein… nein…“, verteidigte sich der Mann und versuchte vorsichtig den Geldbeutel in die Tasche zu schieben.
Doch diesmal war Denji auch wieder ziemlich schnell und so griff er die Hand des Diebes, sodass er die Geldbörse fallen lassen musste.
„Ein Dieb!?“, rief eine Frau aus dem Publikum und durchkramte ihre Handtasche. Ihr fehlte der Geldbeutel.
Eine andere Person bemerkte plötzlich ebenfalls das Fehlen des Geldes und so wurden mehreren Leuten bewusst, dass sie soeben bestohlen wurden. Voller Zorn stürmten sie auf den Mann mit Glatze zu und rissen sich ihr Geld wieder an sich.
„Na k’lassé“, seufzte die Frau mit den blonden Haaren, die sich genervt gegen die Tribüne lehnte.
„Ich habe Keiles (ausgesprochen: Keeles) schon tausendmal gesagt, dass er sich nicht erwischen lassen soll…“, tadelte der Muskelmann, der mittlerweile mit seinem Kunststück aufgehört hatte.
„Warüm ist er nühr soa üngeschigt?“, zweifelte die Frau, „Nün ist wii’der ünser ganz’es Verrmögen fudsch.“
„Da müssen wir durch, Joeneadt (ausgesprochen: Schöneätt)“, erklärte der Muskelmann, während er schon anfing die Tribüne wieder abzubauen.
„Ouf zür nächs’ten S’tadt“, sagte Joeneadt und strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr. Der Menschenandrang wurde immer weniger, bis nur noch die Freunde da waren und Denji zusahen.
„Was… was ist denn das?“, stammelte Ginta vor sich hin.
„Denji! Sei doch etwas netter zu diesem Gauner“, wandte Jumon ein.
„Nein nein…“, warf Sayoko plötzlich ein, „diesem Dieb muss man eine Lektion erteilen!“
Sie hob ihre geballte Faust.
„Bei Geld machst du wohl keine Scherze“, stellte Matra fest und Sayoko nickte noch aus Überzeugung.
„Oh…“, Denji kam langsam wieder zu sich, „Das ist wohl die Seite meines Vaters.“
Erst seufzte er, dann ließ er seine Tigerkralle wieder sinken.
Der Glatzkopf schluckte, als er merkte, dass er wieder in Sicherheit war.
„Stehlen ist nicht gut“, belehrte ihn Denji, „Was soll das überhaupt?“
„So verdienen wir nun mal unser Geld! Findet euch damit ab…“, meinte Keiles schon fast beleidigt, „Jetzt habt ihr uns alles versaut und wir werden eine weitere Woche hungern. Und das alles nur wegen…“
„Keiles, es reicht“, unterbrach ihn der Muskelmann.
„Aber Mauro!“, wandte Keiles ein.
„Nichts aber. Joeneadt und ich haben langsam genug davon.“
„D’a at Mauro reöcht“, meinte Joeneadt, während sie einige Plakate zusammenrollte und in eine Kiste packte.
„Wegen was?“, wunderte sich Denji, der schon seine Waffe wegpackte.
„Mit so etwas verdient man nicht viel Geld, richtig?“, hakte Sayoko nach, die sich in solchen Geschäften ja auskannte.
„Das geht euch nichts an…“, sagte Mauro und verschwand kurz hinter den Vorhängen.
„Es ist nur schwer, von einem riesigen Freizeitpark gefeuert zu werden!“, beschwerte sich Keiles, der schon fast kindlich wirkte.
„Ein Freizeitpark?“, wunderte sich Denji.
„S’ei stil Keiles! D’as get d’en Leuten nüchts an“, wies Joeneadt ihn zurecht.
„Aber…“, wandte Keiles ein.
„Nichts aber!“, wurde er gleichzeitig von seinen Kollegen unterbrochen.
„Wenn ihr in diesem Freizeitpark auch gestohlen habt, dann ist es kein Wunder, dass ihr rausgeschmissen wurdet!“, argumentierte Denji und überprüfte noch einmal ob all das Geld an seinem Platz war.
„Ach… was wisst ihr schon!“, brüllte Keiles und ging einfach.
„Was macht ihr Gören noch hier?“, wunderte sich Mauro, der wieder hinter den Vorhängen hervortrat, „Verschwindet!“
„Ir machd nür ünser Geschäfd kapüdt! Ver’schwindädt!“, meinte noch Joeneadt und strafte die Freunde mit einem bösen Blick.
„Kommt“, forderte Denji, „Wir haben hier nichts mehr verloren…“
Enttäuscht lief er voraus.
„Denji, warte doch!“, rief Ginta ihm hinterher. Als er ihn einholte, hielt er ihn an. Nach einigen Augenblicken kamen dann auch die anderen zu Denji.
„Ach, vergiss diese Leute, die können doch sowieso nichts“, tröstete Matra ihn auf ihre eigene Art und Weise.
„Ja, aber… Ich wollte doch schon einmal richtige Artisten kennenlernen“, seufzte Denji und fuhr sich durchs Haar.
„Wie wäre es, wenn wir zu diesem Freizeitpark fahren!“, stieß es plötzlich aus Sayoko.
Der Freizeitpark? Sayoko hatte dahinter bestimmt etwas im Schilde, denn es ging ihr sicherlich nicht nur um Denjis momentane, schlechte Laune.
„Ja, das ist eine nette Idee“, antwortete Shiana.
„Der Freizeitpark? Ist das nicht teuer?“, wunderte sich Matra und grinste Sayoko hämisch von der Seite an.
„Freizeitpark… Freizeitpark“, stammelte Denji vor sich hin.
„Natürlich! Ein Freizeitpark!“, brüllte Tsuru voller Freude, „Aber was ist ein Freizeitpark?“
„Du weißt nicht, was ein Freizeitpark ist, Tsuru?“, hakte Jumon nach.
Das kleine Mädchen schüttelte ihren Kopf.
„Das ist ein Ort, an dem es lauter Karussells und Achterbahnen gibt und man ganz viel Zuckerwatte und Süßigkeiten isst, bis einem schlecht wird“, erklärte Jumon und grinste.
„Ein Freizeitpark!“, stieß es plötzlich aus Denji, „Warum habe ich den vergessen? Natürlich, es gibt in der Nähe auf einer kleinen Insel, nicht weit von der Küste einen Freizeitpark, in dem ich schon einmal als kleines Kind war!“
Plötzlich strahlte Denji wieder und er strahlte noch mehr, als er die Karte auspackte um sich noch einmal sicher zu gehen.
„Ja… wir müssen nur nach Osten in eine kleine Stadt. Von dort aus fliegt ein Luftschiff täglich zum Freizeitpark… Wie wär’s Leute? Ich lade euch ein!“
Bei diesen Worten musste sich Sayoko vorstellen, wie sie sich in Geld badete, das sie sparen würde, wenn Denji sie wirklich einladen würde.
„Wieso nicht!“, stimmte sie gleich als erste zu.
„Jaa!“, kreischte Tsuru und tänzelte mit Kûosa um die Gruppe, „Wir fahren in den Freizeitpark, wir fahren in den Freizeitpark!“
„Also, ich habe auch nichts dagegen“, meinte Jumon und Matra zuckte unterstützend mit den Schultern.
„Gut, wenn du uns wirklich einladen magst, dann können wir gerne einen Umweg machen“, grinste Ginta.
„Danke Denji“, bedankte sich Shiana.
„Dann ist es abgemacht, wir werden als nächstes den Freizeitpark aufsuchen!“, posaunte Denji und ging schnellen Schrittes voraus.


Kapitel 66 – Jumon will es wissen

Die Sonne kam dem Horizont immer näher. Die letzten tiefroten und violetten Lichtstrahlen wurden immer mehr von dem dunklen Blau des Nachthimmels verdrängt. Dann war die Sonne verschwunden. Ein kühler Wind wehte und die Umgebung war still. Die Freunde, die schon seit längerem auf dem Weg waren, kamen endlich zu einer kleinen Stadt, ganz östlich der Halbinsel. Erschöpft von der langen Wanderung schlenderten sie eine Straße entlang und suchten nach einem billigen Gasthaus.
„Ich fange nicht wieder diese Diskussion an“, verteidigte sich Sayoko, „Wenn wir mit dem Luftschiff fliegen wollen, müssen wir etwas sparen.“
„Sei doch nicht so geizig“, entgegnete Denji, „Ich zahle doch sowieso alles…“
„Wenn Denji doch alles zahlt und das sogar freiwillig, ist das doch kein Problem?“, seuftze Jumon und sah Sayoko grimmig an.
„Aber wer weiß, wofür wir noch alles Geld brauchen werden! Unser Lebensmittelvorrat neigt sich auch langsam dem Ende zu“, erklärte Sayoko, „Schluss jetzt! Wir werden in dieses heruntergekommene Gasthaus gehen und Basta!“
„Gut…“, gab Jumon klein bei und auch Denji konnte sich dagegen nicht mehr wehren.
„Wo sie recht hat“, meinte Matra, zog ihre Augenbrauen seufzend nach oben und sah dabei Shiana an, die jedoch nicht darauf reagierte.
Sie wollte gar nicht reagieren, fiel es Ginta auf. Irgendwie wurde sie von Tag zu Tag eigenartiger. Doch mit was hatte es zu tun? Ginta hatte sich schon so oft den Kopf darüber zerbrochen, dass er die ganzen Möglichkeiten, die er sich ausmalte, schon wieder vergessen hatte. Hatte es alles mit der Nacht zu tun, in der sie bei Lliam übernachteten? Seine Konzentration wurde immer schwächer. Ginta war ziemlich müde und gähnte. Dabei übersah er jedoch eine Flasche, die auf dem Boden lag und stolperte kurz, konnte jedoch wieder sein Gleichgewicht finden. Myu aber, die voller Schock aus ihrem Schlaf erwachte, sprang aus der Tasche und blieb erst einmal stehen, um die Situation zu verstehen. Es dauerte nur einen kurzen Augenblick, dann fand sie wieder den Anschluss an die Gruppe.

Nach nicht allzu langer Zeit, kamen die Freunde endlich an einem kleinen Gasthaus vorbei, dass billig zu sein schien, so fand es zumindest Sayoko, die die ganze Truppe ins Gasthaus zerrte.
Denji wollte sich zunächst wehren. Er fand es in Ordnung unter freiem Himmel zu schlafen, aber wenn es um ein billiges Gasthaus ging, wehrte er sich wie ein kleines Kind, das nicht mit dem spielen aufhören wollte.
Beim Einchecken stellte sich wirklich heraus, dass die Zimmer sehr heruntergekommen und klein waren. So mussten sich Jumon und Ginta ein Zimmer teilen. Die Mädchen bekamen zum Glück ein großes Zimmer, was die ganze Sache etwas billiger machte. Dann blieben noch Denji und Kûosa übrig, die zusammen in ein kleines Zimmer gesteckt wurden.
„Gute Nacht“, presste Denji aus sich heraus. Man merkte, dass er sich gar nicht über diese Unterkunft und diese Situation freute.
Tsuru knuddelte Kûosa noch einmal kräftig, bevor sie mit Shiana, Matra und Sayoko in ihrem Zimmer verschwand.
„Gute Nacht“, verabschiedeten sich alle von einander und das letzte, was im Gang noch zu hören war, war das Zufallen der Türschlösser.

„Das wird wohl eine Nacht“, säuselte Denji, der sich sein Bett zurecht machte.
Kûosa stand nur still neben ihm und grinste ihn bis über beide Ohren hinweg an.
„Du brauchst gar nicht so grinsen“, schmollte Denji und legte sich beleidigt in sein Bett. Kûosa warf sich neben ihn auf das Doppelbett.
„Wenigstens fahren wir morgen zum Freizeitpark, das macht das ganze wieder wett.“

Im Zimmer der Mädchen war Tsuru die erste, die einschlief. So konnten sich Sayoko, Matra und Shiana noch in Ruhe unterhalten.
„Wieso bist du von diesem Freizeitpark so begeistert?“, wunderte sich Matra, die es sich auf ihrem Bett schon gemütlich gemacht hatte.
„Findest du nicht auch, dass in letzter Zeit eine gewisse Anspannung herrscht?“, entgegnete Sayoko, die dabei vor allem an Shianas merkwürdiges Verhalten denken musste.
„Ja… kann sein“, meinte Matra.
Shiana hörte nur still zu.
„Ich fände es besser, wenn ein wenig Abwechslung da ist. Vor allem den Jüngeren tut dies gut. Aber nicht nur ihnen, sondern uns auch. Selten kommt man so gut aus dem Stress heraus und von…“
„Von den Gedanken an die Shal weg“, beendete Shiana den Satz.
Darauf entstand ein unangenehmes Schweigen.
Sie hatte ja so recht, dachte sich Sayoko als sie sich mit ihrer Hand durch die Haare fuhr. Die Shal. Das war doch das eigentliche Ziel der Reise. Doch in letzter Zeit war es so ruhig um die Shal gewesen. Seitdem sie die Vastus Antishal kennengelernt hatten, gab es kaum mehr direkte Konflikte zwischen ihnen und den Shal. Es war schon fast beunruhigend, nichts von ihnen zu wissen.
„Auf jeden Fall sollten wir uns auf morgen freuen. Selten haben wir so eine Gelegenheit, Spaß zu haben“, unterbrach Sayoko die Stille.
„Da hast du Recht“, gab Matra zu und schloss die Augen, „Nun denn, wünsche euch eine gute Nacht.“
„Dir auch, schlaft gut“, antwortete Sayoko und legte sich nun auch in ihr Bett.
„Gute Nacht“, flüsterte Shiana, die  zusammen mit Tsuru ein Doppelbett teilte und drehte sich mit dem Rücken zu Sayoko und Matra.

Nach einiger Zeit war auch Ginta eingeschlafen. So blieb nur noch Jumon wach, der einfach noch etwas in einem seiner Bücher las.
Myu kuschelte sich nah an Gintas Rücken. Die Wärme die er abstrahlte, empfand sie wohl als angenehm. Jumon entging das nicht.
„Ist dir das wirklich angenehm?“, flüsterte er um Ginta nicht aufzuwecken.
„Du kannst ruhig lauter reden“, antwortete Myu, „Ginta wird dich nicht hören, wenn du deine Fähigkeiten nutzt.“
„Warum bin ich nicht gleich darauf gekommen“, fiel es Jumon wie Schuppen von den Augen.
„Was weiß ich“, antwortete Myu und leckte sich die Pfote.
Jumon lugte über sein Buch und beobachtete die Katze.
„Schmeckt das?“, wunderte er sich.
„Hast du schon einmal an deinen dreckigen Haaren geleckt? Natürlich nicht! Aber ich muss es tun…“, seufzte Myu.
Dann herrschte eine Weile Stille, bis sie Jumon wieder durchbrach.
„Ich will die ganzen Geschichten jetzt genau wissen. Wieso, weshalb, warum? Die ganze Palette bitte.“
„Du willst es also wissen?“, lachte Myu.
Jumon nickte und legte sein Buch beiseite.
„Mein Name lautet Gaara. Ich bin ein sehr alter Mann.“
„Das dachte ich mir schon“, antwortete Jumon.
„Ich diente einst einem Königreich, dessen König in der Wüste lebte, in der wir Matra getroffen hatten. Dieses Dorf mitten in den Ruinen war einst eine prachtvolle, große und angesehene Stadt. Wir hatten auch starke Krieger unter unserem Volk. Ebenso stark waren die Medien und die Geistlichen, die sich dann unter Miraa Liade zu den Kinno-Bujin formten. Die Kultur blühte damals förmlich auf. Jedoch kam dann ein Mann, der eine durch und durch finstere Aura besaß. Ein unheimlicher Mann.“
„Lass mich raten, er hatte damals die Shal gegründet?“, schätzte Jumon und nahm sich danach ein Schluck Wasser aus dem Glas, das neben seinem Bett stand.
Gaara sprang von Gintas Bett um sich dann nun auf Jumons Bett gemütlich zu machen. Jumon zog seine Beine ein und lehnte sich im Sitzen auf seine Knie.
„Richtig“, antwortete Gaara, „Zunächst wussten wir noch nicht, was seine Pläne für Ausmaße annahmen. Ich dachte auch erst, dass es eine eigenartige Spinnerei war, was er vorhatte.“
„Was war sein Ziel?“, hakte Jumon neugierig nach.
„Er wollte den Mond mit der Erde vereinigen um somit eine neue Welt, ohne jegliche Störung der Natur zu erschaffen.“
„Ohne jegliche Störung? Was bedeutet das?“
„Ich kann mir bis heute nicht ausmalen, was das nun zu bedeuten hat.“
„Wie habt ihr davon erfahren?“
„Erst, als wir ihn aufhalten mussten. Der König hat mich gebeten die Armee schon vorauszuschicken, als er hörte, dass eine Organisation einige Teile des Kontinents in Angst und Schrecken versetzte. Und dann passierte es. Nach und nach verschwand der Mond, tauchte dann aber plötzlich wieder auf. Nur in einer enormen Größe.“
„Wieso das?“, wunderte sich Jumon und zog eine Augenbraue übertrieben nach oben.
„Sie waren schon dabei den Mond mit der Erde zu vereinen. Doch sie haben es damals nicht geschafft.“
Jumon nahm noch einen Schluck Wasser und deutete Gaara, dass er mehr erzählen sollte.
„Ich hatte in der Zeit schon einige Recherchen hinter mich gebracht und so kam es, dass ich den Ort ausfindig machen konnte, an dem das Grauen geschah. Die Shal hatten eine Eigenartige Apparatur gebaut und schafften es irgendwie den Mond näher an die Erde zu ziehen.“
„Hatte das nicht Auswirkungen auf die Natur?“
„Natürlich. Die Welt spielte auf einmal verrückt. Es ging ziemlich wild zu, damals.“
„Wie habt ihr es nun geschafft, die Shal aufzuhalten?“
„Die anderen Königreiche schickten ihre Armeen zur Unterstützung und so entstand ein großer Krieg zwischen den königlichen Soldaten der Länder und den Organisationsmitgliedern. Ich knöpfte mir den Kopf der Shal vor.“
„Und hast ihn zur Strecke gebracht?“
„Ich war kurz davor, hätte da nicht wer anders dazwischen gefunkt.“
Gaara seufzte und setzte seinen Kopf auf seine Pfoten.
„Miraa Liade?“, warf Jumon ein und die anschließende Stille beantwortete schon seine Frage, „Wie hat er das angestellt?“
„Er störte unseren Kampf und hielt erst einmal eine Ansprache darüber, wie er zur Unsterblichkeit gelangen würde… Das ging aber in die Hose. Er schaffte es, seinen Geist in den Körper des Anführers der Shal zu transferieren, verlor jedoch seinen Körper. Meinen Geist schickte er los, ich wurde von meinem Körper getrennt und als ich aufwachte, befand ich mich im Körper dieser Katze.“
„Aber, Myu kann doch gar nicht so alt sein, sodass sie heute noch lebt!“
„Das kam mir auch eigenartig vor. Miraa Liade brauchte immer wieder neue Körper, die fähig waren seinen starken Geist zu tragen. Bei mir jedoch, war mein Geist so stark, dass ich diese Katze am Leben erhalten konnte. Eigenartig, nicht wahr?“
„Irgendwie schon…“, murmelte Jumon und fuhr sich durch sein kurzes, orangenes Haar, das beim Kerzenschein dunkler aussah.
„Auf jeden Fall konnte man den Plan verhindern, die Erde so zu erneuern und die Shal lösten sich auf.“
„Bis sie sich wieder gegründet hatten, nicht wahr?“
„Ja. Anscheinend verließ der Geist des Anführers den Körper, in dem Miraa Liade steckte…“
„… Weswegen er auch zu einem Geist wurde und nach neuen Körper trachtet“, beendete Jumon den Satz.
„Anscheinend.“
„Wieso hast du nicht versucht, die Shal auf eine neues aufzuhalten?“
„Meinst du nicht, dass ich alles Mögliche getan hätte? Aber wenn man in einem Katzenkörper festsitzt, bleiben einem nicht viele Möglichkeiten übrig.“
„Stimmt“, gab Jumon zu, „Und was ist mit Ginta?“
„Was soll mit ihm sein?“, wunderte sich Gaara hob seinen Kopf und betrachtete Ginta etwas, der tief und fest schlief.
„Warum musste es ihn treffen?“
„Das hat mit seinen Eltern zu tun…“, meinte Gaara und setzte seinen Kopf wieder auf seinen Pfoten ab.
„Was passierte mit ihnen genau?“
„Das kann ich dir auch nicht beantworten. Ich kannte sie nicht wirklich.“
„Und was hat es mit dem Geist, der in Ginta wohnt, auf sich?“
„Du hast ihn also auch bemerkt?“, grinste Gaara, obwohl er das als Katze nicht wirklich konnte.
„Ja, natürlich. Aber er zeigte sich nicht immer. Und wenn, dann habe ich auch nicht immer genau hingesehen“, erklärte Jumon, nachdem er noch einen Schluck Wasser nahm.
„Das ist ein Teil von mir. Der Teil, der von den Meistern meines Landes als ‚Seele des Windes‘ benannt wurde.“
„Handelt es sich um die Energie des Wind-Element-Typs?“
„Nicht wirklich. Das ist die Energie, die die Fähigkeit hat, wie Wind durch andere Dinge so durchzudringen, an ihnen vorbeizudringen und ihnen mit Energie zu füllen oder sie gar zu erwecken.“
„Wie meinst du das?“, hakte Jumon nach.
„Man kann das mit dem Verhalten eines Baumes vergleichen. Wenn es regnet, fällt das Wasser auf die Blätter, die ganz außen sind. Dann fließt das Wasser außen vorbei. Der Innerste Punkt des Baumes bleibt dabei trocken. Diese Energie ist aber wie der Wind, der durch die Krone des Baumes weht. Er kommt an jedem Blatt und an jedem Ast vorbei und durchdringt den Baum. So ist das mit dieser Energie. Sie berührt die Seele eines anderen nicht nur, sondern durchdringt diese auch.“
„Ich verstehe. Die Energie bewegt als Wind in und um jeden Körper.“
„Das hast du richtig verstanden, Jumon. Jedoch ist diese Energie, die von Ginta selbst. Er trägt immer noch einen Teil von mir in sich, jedoch hat sich seine Seele so stark entwickelt, dass die zwei Ströme, die sich in ihm befinden, bald zu einem vereinen werden.“
„So ist das also, interessant“, murmelte Jumon, während er das Ganze zu verstehen versuchte. Dabei suchte er auch nach neuen Fragen.
„Was wird mit dir geschehen?“, fragte Jumon.
„Das kann ich nicht sagen. Ich kann nicht in die Zukunft sehen.“
„Was wird mit Ginta passieren? Ist er der ganzen Sache gewachsen?“
„Ob Ginta der Sache gewachsen ist?“, lachte Gaara, „Allein ganz gewiss nicht. Aber wenn ihr weiterhin an seiner Seite bleibt, dann übersteht er jedes Abenteuer.“
Jumon atmete tief ein.
„Wenn ich weitere Fragen habe, werde ich sie dir auf jeden Fall stellen. Ich möchte jetzt schlafen. Morgen wird sicher ein langer Tag.“
Er streckte seine Beine, kuschelte sich in die Decke und löschte das Kerzenlicht.
Gaara antwortete nicht mehr, sondern sprang vom Bett und kuschelte sich wieder an Gintas Seite.
Jumon versuchte zu schlafen, musste aber immer wieder an die Dinge denken, die ihm Gaara erzählte. Irgendwann schlief auch er ein.


Kapitel 67 – Gut geflogen

Als ein neuer Morgen anbrach, packten Ginta und seine Freunde ihre Sachen und trafen sich vor dem Gasthaus um zu entscheiden, wo sie frühstücken sollten.
„Gibt es hier nicht irgendeinen Park in dem man es sich gemütlich machen könnte?“, fragte Matra und sah um sich.
„Können wir es uns nicht leisten, in ein leckeres Café zu gehen und frisches Gebäck zu essen?“, seufzte Denji, „Abenteuer schön und gut, aber irgendwie vermisse ich den Duft von frisch gebackenen Hörnchen!“
„Wir sollten so viel wie möglich sparen!“, wiederholte Sayoko immer und immer wieder und hielt ihren Geldbeutel dabei fester.
„Ich bin dafür, dass wir während dem Laufen essen. Wir haben doch sowieso fast nur noch Brot, oder? Dafür brauchen wir kein Lagerfeuer“, erklärte Jumon entschlossen.
„Während dem Gehen essen?“, seufzte Matra.
„Nun ja, Jumon kann das“, lachte Ginta, „Er liest ja auch unentwegt, auch während dem gehen.“
„Jetzt wo du es sagst“, gab Denji zu, „Ist er denn schon jemals gestolpert?“
In diesem Augenblick sahen alle Jumon mit großen Augen an und mussten nachdenken, ob das schon jemals passiert war.
„Leute, hört auf damit!“, bat Jumon mit energischer, lauter Stimme, die nur von Tsurus Gejammere übertönt wurde: „Oh, ich habe so Hunger!“
„Gut, dann laufen wir und essen, ist jeder damit einverstanden?“
„Meinetwegen“, seufzte Matra.
„Na gut“, sagte Sayoko.
Shiana nickte still. So wurde das Frühstück gerecht verteilt und die Freunde machten sich auf um den Flughafen zu finden, an dem das Luftschiff in Richtung Freizeitpark losfliegen sollte, so erzählte es zumindest Denji.

Der Weg führte die Freunde durch die Innenstadt. Unzählige Läden warben mit ihren Produkten in den Schaufenstern und die Gruppe kam an kaum einem vorbei, ohne dass irgendwer sich darüber beschwerte, dies und jenes nicht haben zu können. Vor allem bei Tsuru war es mal wieder sehr schlimm.
„Ich möchte aber dieses Spielzeugpferd haben!“, maulte sie.
„Tsuru, wie oft soll ich dir noch sagen, dass wir zu einem Freizeitpark fliegen, du brauchst kein Spielzeugpferd“, versuchte Sayoko sie zu beruhigen.
„Gibt es denn im Freizeitpark auch Pferde?“, hakte das grünhaarige Mädchen nach.
„Mh, das ist eine gute Frage“, murmelte Sayoko und sah Denji schief an.
„Ehm… Pferde?“, grübelte Denji, „Klar! Pferde, da gibt es tonnenweise Pferde, wo du nur gucken kannst!“
Denji spielte diese Vorstellung noch etwas weiter auf und zwinkerte Sayoko auffällig zu. Anscheinend versuchte er Tsuru nur ruhig zu stellen, mit einer kleinen Lüge. Doch Tsuru konnte nicht ruhig bleiben.
„So viele Pferde?“, ihre Augen weiteten sich als würde sie sich auf ihren Geburtstag oder Weihnachten freuen, „Das ist so klasse!“
Dann fing sie an, davon zu singen, wie toll sie Pferde fand und wie sehr sie sich doch auf diesen Freizeitpark freute. Ganz zur Qual der Freunde.

Es dauert nicht lange, da weiteten und leerten sich die Straßen und dann, als Ginta um eine Ecke bog, konnte er schon ein riesiges Luftschiff sehen, dessen Schatten einige Häuser zu verschlucken drohte.
Menschen liefen hin und her, Leute stiegen ein oder aus und kräftige Männer luden Kisten in das Schiff. Alles in Allem lief es sehr hektisch zu.
„Seht euch das doch nur einmal an“, murmelte Ginta, der begeistert stehen blieb.
„Das habe ich aber größer in Erinnerung“, meinte Denji und kratzte sich am Kinn.
„Noch größer als dieses Ding!?“, bemerkte Jumon und verschluckte sich fast an dem Wasser, dass er gerade trank.
„Beeindruckend“, murmelte Matra und sah sich ihre Freunde an, die fast alle mit weit geöffnetem Mund da standen und staunten.
„Da…. damit sollen wir fliegen!?“, warf Tsuru in die Runde und hielt sich etwas an Kûosa fest.
„Ja, du hast doch keine Angst, oder?“, hakte Sayoko nach.
„Was ist, wenn das abstürzt?“
„Oh, dieses Schätzchen kann nicht abstürzen“, meinte plötzlich eine junge Frau, die sich zur Gruppe stellte.
Sie war schlank und nicht älter als Sayoko. Ihr hingen einige schwarze Haarsträhnen übers Gesicht. Ihrer Kleidung zu Urteilen war sie Pilotin. Sie trug eine Lederjacke, eine weite Hose und eine Fliegermütze, um die eine Fliegerbrille geschnallt war.
„Wie können Sie sich da so sicher sein?“, zweifelte nun auch Jumon.
„Nun ja, weil ich dieses Ding fliegen werde!“, grinste die junge Frau und streckte ihre Hand mit dem Victory Zeichen von sich.
„Sind Sie ganz ganz ganz sicher, dass das nicht abstürzen kann!?“, wiederholte Tsuru in einer quietschenden Tonlage.
„Sind Sie sich sicher?“, wiederholte auch Jumon.
„Natürlich bin ich sicher… meinen letzten Unfall hatte ich, als ich vier Jahre alt war…“, erklärte sie.
„Sie sind mit 4 Jahren schon geflogen!?“, stutzte Ginta.
„Das ist echt bemerkenswert“, meinte Matra und Shiana nickte ihr zu.
„Ja… So früh haben meine Brüder auch schon angefangen, ihre eigenen Boote zu bauen“, lachte sie und starrte nun wieder gebannt auf das Luftschiff.
„Sagen Sie…“, setzte Ginta an, wurde jedoch dann von einem lauten Knallen unterbrochen.
In diesem Augenblick explodierten einige Rauchbomben, deren Rauchsäulen in die Höhe stiegen jedoch dann von den rotierenden Propellern des Luftschiffs wieder weggeblasen wurden. Aus den verwehenden Rauchsäulen heraus sprangen einige Personen in dunklen Gewändern. Zunächst geschockt, mussten sich die Freunde wieder fassen und erkannten dann, dass es sich um Shal handelte.
„Was wollen die denn hier!?“, beschwerte sich Matra, die ihre Hand zu einer Faust ballte.
Die Shal stürmten zu den Männern, die Kisten in das Schiff trugen, schlugen sie nieder und versuchten mit aller Gewalt diese Kisten zu öffnen.
Ginta kochte vor Wut.
„Ihr wisst, was das heißt?“ Er sah die anderen an, die ihm zunickten. „Shiana, du bleibst hier und passt auf Tsuru auf, ist das in Ordnung?“
Shiana nickte und nahm Tsurus Hand, die daraufhin Kûosas Tatze fasste.
„Auf geht’s!“, rief Ginta und stürmte nach vorn. Während des Laufens holte er seinen Kesobou hervor und stürzte sich gleich auf einige Shal. Auch Jumon, Denji, Sayoko und Matra verteilten sich so, dass jeder gegen eine kleine Gruppe von Shal kämpfen konnte.

Für die Freunde war es ein leichtes, einen nach dem anderen Shal in die Flucht zu schlagen. Nur Ginta musste ein wenig mit sich kämpfen. Er vergaß total, dass er eine schwere Verletzung hatte, die immer noch schmerzte, wenn er sich extrem bewegte. Das schwächte seine Angriffskraft enorm. Zusätzlich musste er darauf achten, nicht getroffen zu werden. Ein Schlag auf seine Verletzung könnte sie wieder aufreißen lassen und er würde eine Menge Blut verlieren. Bald bemerkte Matra, dass Ginta nicht richtig kämpfen konnte und kam zu ihm, um ihn zu Unterstützen. Rücken an Rücken hielten sie ihre Waffen auf die Gegner gerichtet. Choreographisch wichen sie den Angriffen aus, Matra konterte die meisten Angriffe gekonnt mit ihren Äxten und Ginta konnte so anderen Verletzungen leicht aus dem Weg gehen.
Denji schaffte es, einen großen Haufen Shal durch seine Tigerkrallen zu Boden zu bringen.
Jumon und Sayoko, die sich mittlerweile auch zusammengeschlossen hatten – der Grund war die wachsende Zahl an Gegnern – hörten plötzlich ein Brüllen und erkannten die junge Frau, die sich als Pilotin des Luftschiffes erklärte, die gerade dabei war, ihr Luftschiff mit Fausthieben und Tritten zu verteidigen.
Sayoko grinste.
„Wieso grinst du so?“, bemerkte Jumon, der sich anstrengen musste, die Energien der Geister aus der Stadt effizient zu nutzen.
Sayoko fuhr sich mit der Zunge über die Oberlippe, bevor sie eine Antwort gab.
„Hab schon fast vergessen, was für einen Spaß das macht, wenn man einige Shal vermöbeln kann.“
Sie grinste weiterhin. Jumon schüttelte nur ablehnend den Kopf. Die spinnt doch, dachte er sich.
Während die Freunde jedoch gegen die Shal kämpften, bemerkte keiner, dass sich mittlerweile ein Shal so an Tsuru anschlich, dass er sie von hinten packen konnte.
Kûosa wurde wild, als er den Shal sah, der Tsuru entführen wollte.
Er holte aus und schleuderte seine Tatzen Richtung Gegner, dieser konnte aber gerade noch so ausweichen.
Shiana war geschockt. Jedoch konnte sie nicht einfach wie angewurzelt dastehen, sie musste etwas tun! Auf einmal fuhr durch sie eine Energie, die sie irgendwie herauslassen musste. Sie streckte ihre Arme von sich und genau dann, als die Handflächen auf den Shal zeigten, schossen einige Lichtstrahlen auf den fiesen Entführer. Die Strahlen trafen ihn am Kopf und aus Schock ließ er erst einmal Tsuru fallen, die dann kreischend zu Kûosa rannte.
Der Shal fiel nicht zu Boden, taumelte erst einige Schritte zurück und fand dann wieder zu einem festen Stand. Er blinzelte.
„Ich kann nichts mehr sehen!“, brüllte er wie ein Irrer, wollte dann auf die Mädchen zustürmen, aber rannte volle Kanne gegen eine Stange und viel zu Boden, bevor er eines der Mädchen etwas tun konnte.
Shiana nahm Tsuru bei der Hand und suchte sich nun einen sichereren Platz.

Bald war das Getümmel vorbei. Die meisten Shal flüchteten oder lagen regungslos auf der Straße. Die Pilotin checkte erst einmal die Crew, bevor sie sich um die Kisten kümmerte. Dann befahl sie den Männern erst die bewusstlosen Shal aus dem Weg zu räumen. Als sie damit fertig waren, kam sie wieder zu Ginta und den anderen zurück. Ginta saß schnaufend auf dem Boden. Die Verletzung war doch noch nicht so gut verheilt, wie er angenommen hatte.
„Danke Leute, für eure Hilfe! Es hätte was weiß ich passieren können“, bedankte sich die junge Frau, „Mein Name ist Fenya T. Sendo, ich bin Kapitän dieses Luftschiffes und würde euch gerne aus Dank zu einem Flug einladen!“
Ginta sah ihr direkt in die Augen. Fenya T. Sendo sollte sie also heißen? Hatte er sich verhört? Er musste einfach nachfragen.
„Sie heißen Fenya T. Sendo?“
„Ja, das ist mein Name“, lachte Fenya.
„Sie sind aber nicht zufällig mit einem Zwillingsbruderpaar verwandt, die Relid und Helln heißen?“
„Oh, du kennst meine zwei großen Brüder?“ Fenya grinste.
„Das ist nicht ihr ernst“, murmelte Sayoko.
„Ja, ich bin eine Sendo.“
„Eine richtige Kapitänsfamilie“, bemerkte Jumon.
„Ja, wobei ich mich nie mit der Schifffahrt auseinander setzen wollte“, erklärte Fenya, „Das war immer zu langweilig. Ich fliege lieber durch die Lüfte!“
„Das sehe ich“, meinte Ginta und stand auf.
„Habe ich mich verhört?“, wiederholte Denji, „Sie wollten uns zu einem gratis Flug einladen?“
„Stimmt!“ Sayoko wachte aus ihren Gedanken auf. Sobald es etwas gratis gab, war sie doch gern dabei.
„Ja… wisst ihr, in diesen Kisten ist wertvolles Zeug drin. Für eine Auktion, die morgen auf einer Insel, nicht weit weg von hier stattfinden soll. Das ist so wertvoll, da kann ich euch gerne auf einen gratis Flug mitnehmen“, lachte sie.
„Das trifft sich echt gut“, meinte Matra.
„Wir waren nämlich auf dem Weg zu einem Freizeitpark, der sich auf einer Insel befinden sollte. Könnten sie uns dahin mitnehmen?“
Fenya hielt sich den Bauch vor Lachen.
„Ihr wollt zum Freizeitpark? Na habt ihr ein Glück, denn der liegt nämlich auf der Insel, zu der ich muss!“
„In der Tat, wir haben Glück“, grinste Sayoko bis über beide Ohren hinweg.
„Mhh…“, nuschelte Fenya, während sie auf ihre Taschenuhr blickte, „Wenn ihr wollt, könnt ihr gleich einsteigen. Laut Flugplan müssen wir sowieso in 20 Minuten abheben.“
„Das ist ja schon bald“, meldete sich Shiana auch einmal zu Wort.
„Und sie sind sich sicher, dass wir nicht abstürzen?“, wiederholte Tsuru schon wieder.
„Ja“, gab Fenya zur Antwort und streichelte Tsuru durch ihr grünes Haar.

So kam es, dass die Freunde einstiegen und sich auf dem Luftschiff ein wenig umsahen. Es war nicht sonderlich groß, nicht sonderlich komfortabel, aber wenn man etwas gratis bekam, dann war einem so etwas auch egal.
Die zwanzig Minuten verflogen wie im Nu und schon hob das Luftschiff ab.
Ginta, Sayoko, Jumon und Denji standen an einem riesigen Fenster, aus dem man eine super Aussicht über die Stadt hatte, während das Luftschiff langsam in die Höhe glitt.
Matra setzte sich an eine Wand und machte ein kleines Nickerchen. Tsuru zitterte ein wenig und kuschelte sich an Kûosa.
Shiana setzte sich aus Sorge um die Kleine neben sie und redete ihr immer wieder ein, dass das Luftschiff nicht abstürzen würde, nachdem Tsuru diese Sorgen immer wieder äußerte.
Bald war das Luftschiff in einer Höhe, in der eigentlich nur Wolken waren. Die Aussicht über die Landschaft war grandios.
Ginta starrte auf die Felder, die Flüsse und die Landschaften die sich unter ihnen erstreckten. Die Menschen waren gar nicht mehr wahrzunehmen. Bald erreichten sie das Meer und das glitzernde Wasser in der untergehenden Sonne sorgte für ein grandioses Panorama.  Die Wolken, die in der Ferne zu sehen waren, färbten sich langsam gelb, rosa, rot und violett und sahen nunmehr aus wie Zuckerwatte, die durch die Luft schwebte.
Denji und Ginta konnten ihre Begeisterung kaum in Worte fassen.
Sayoko lächelte Jumon nur an und deutete auf die zwei Jungs, die neben ihr auf dem Boden saßen, um noch einen besseren Ausblick auf den Himmel zu haben.
Ginta musste sich eingestehen, dass es ein klasse Gefühl war, so in die Ferne zu starren und sich frei zu fühlen. Einmal frei von allen Sorgen die ihn so einengten.
Er vergaß für einen Augenblick den Angriff der Shal. Er vergaß für einen Augenblick den Schmerz in seiner Brust. Und er vergaß für einen Augenblick, dass er an die raue Erde gebunden war.
Frei sein, für einige Augenblicke, das wollte er sein.


Kapitel 68 – Im Freizeitpark

Ginta saß mit einem Pappbecher in der Hand auf einer Bank im Freizeitpark. Myu kuschelte sich an ihn. Er nahm einen Schluck des schon warm gewordenen Milchshakes und streichelte dann Myus Kopf. Neben ihm saß Matra, die ebenfalls einen Pappbecher in der Hand hatte.
„Wieder alles okay?“, fragte Matra nach.
„Ja, die Wunde tut gar nicht mehr wirklich weh. Ich denke, das war vorhin einfach der starke Ruck.“
„Hätten lieber doch etwas vorsichtiger sein sollen“, meinte Matra und schlürfte ihren Milchshake vollkommen aus.
„Mh“, gab Ginta von sich und fuhr sich mit einer Hand durchs Haar. Er ließ seinen Kopf nach hinten fallen und starrte in den Himmel.
„Sollte man sich in einem Freizeitpark nicht amüsieren und sich erholen?“, murmelte Ginta, nicht in Erwartung eine Antwort zu bekommen.
„Ich hatte es mir auch besser vorgestellt“, gab Matra leise von sich.
„Wie sich die anderen wohl so amüsieren können?“
„Du machst dir einfach zu viele Gedanken, Ginta. Schalte doch mal ab.“
„Abschalten? Wenn das doch so leicht wäre… Du kannst auch kaum abschalten, nicht wahr? Du willst das Heiligtum deines Dorfes wieder haben…“
Matra blieb still. Ginta hatte recht gehabt. Sie konnte an kaum etwas anderes Denken. Diese Stille nutzte Ginta aus. Er schloss die Augen und ließ den Tag noch einmal Revue passieren.

Nachdem sie mit dem Luftschiff ankamen, verabschiedeten sich die Freunde von Fenya und Denji, Tsuru und Kûosa stürmten gleich zum Eingang des Freizeitparkes. Schnell waren die Tickets gekauft und das Mädchen, der Hasenbär und der junge Mann verschwanden, ohne etwas zu sagen.
„Wie kleine Kinder stürmen sie bestimmt gleich zu jeder Attraktion“, meinte Jumon, „Ich bevorzuge es ja, mir alles vorher einmal anzusehen und dann eine zweite Runde zu drehen. Vielleicht findet sich ja was interessantes, nicht?“
„Klingt nach einer guten Idee“, gestand sich Sayoko und schloss sich Jumon an.
„Ich würde auch gern erst einmal eine Runde drehen“, meldete sich Shiana zu Wort, strich sich eine Strähne aus dem Gesicht und sah Jumon und Sayoko erwartungsvoll an.
So schlossen sich auch die drei zu einer Gruppe zusammen und nur Ginta und Matra blieben übrig.
„Bleiben wohl nur noch wir übrig, nicht wahr?“, lächelte Ginta und war etwas enttäuscht, als Matra nur seufzte. Dann starrte er in den Park und seufzte ebenfalls.

Der Park war groß. Im Eingangsbereich standen lauter Karusells – von kleinen für Kleinkinder, bis hin zu klassischen und großen Kettenkarusells. Nicht weit davon gab es schon die ersten Schießbuden, Süßwarenstände und Losbuden. Etwas weiter abseits standen Illusionshäuser und Geisterbahnen. An einem kleinen Brunnen stand ein Kerl hinter einem kleinen Wagen und präsentierte den vorbeilaufenden Menschen Hotdogs. Wie lecker es roch. Nach frischen Brötchen, Ketchup und Würstchen.
Appetitanregend war das schon. Aber Ginta wollte momentan nichts essen.
Er und Matra blieben stehen, die sich einen Glaskasten ansah, in der eine aus Holz geschnitzte Wahrsagerin saß, in edlen Stoffen gekleidet und einer Glaskugel in der rechten Hand. Die Linke hielt sie gar zaubernd an die Glaskugel. 
„Wenn man Geld einwirft, prophezeit sie dir die Zukunft“, erklärte sich Ginta durch ein Textfeld, neben dem Münzschlitz.
„Reine Geldmacherei“, meinte Matra und schnippte mit ihren Fingern gegen die Glasscheibe. Plötzlich bewegte sich die linke Hand nach links und der Mund ging auf und zu. Ihre Augen leuchteten auf, als ob sie gerade dabei war, etwas vorauszusagen. Doch dann erlosch das Licht wieder, Hand und Mund bewegten sich nicht mehr.
„Vielleicht ist sie stehen geblieben?“, murmelte Ginta und folgte dann nach einem kurzen Moment der Gedanken wieder Matra, die schon wieder ging.

Mittlerweile hatten Denji, Tsuru und Kûosa schon fast jedes Fahrgeschäft abgeklappert und natürlich die besten davon auch ausgewählt um mehrmals damit zu fahren. Da war zum Beispiel diese eine Achterbahn, die wie ein Drache aussah und abwechselnd durch Tunnel, Höhlen und dann wieder durchs freie fuhr. Schnell bewegte sich die Bahn auf und ab, mal steil mal etwas ebener, links herum und rechts herum.
Tsuru machte es so Spaß, dass sie diese Achterbahn glatt zu ihrer Lieblingsbahn erklärte. Denji verhielt sich fast wie ein Kind, als er lachend aus der Bahn ausstieg und sich wieder mit Tsuru anstellte. Sie hatten sehr viel Spaß.
Aber was war mit Kûosa? Widerwillig ließ er sich immer wieder mitschleppen. Ängstlich klammerte er sich jedes Mal wieder an die Sicherungsbügel. Hätte er eine Stimme, hätte er wohl die ganze Zeit geschrien wie am Spieß.

Sayoko, Jumon und Shiana aber ließen es ganz ruhig angehen. Sie machten einen Spaziergang, sahen sich die Geschäfte an, unterhielten sich darüber, setzten sich dann aber, nachdem Shiana und Sayoko ein Tassen-Karussell gefahren waren, vor ein Café und tranken genüsslich Kaffee. Sie konnten sich wirklich etwas erholen, obwohl das wilde Getummel der Menschen Sayoko auf die Nerven ging.

Ginta, der Matra endlich dazu brachte, doch endlich mit einer Achterbahn zu fahren, freute sich richtig, als er sich mit ihr anstellte. Es war lange her, dass er einmal mit einer Achterbahn gefahren war. Wie war es noch bei seinem ersten Mal?
Die Erinnerungen an seine erste Fahrt waren blass. Nur das kurze Gefühl der Schwerelosigkeit blieb ihm im Gedächtnis.
Endlich war es so weit. Die zwei konnten einsteigen und die Fahrt ging los. Der Wagen fuhr auf den Gleisen in die Höhe. An der höchsten Stelle angekommen, sauste der Wagen auch schon in einem Bruchteil eines Augenblicks in die Tiefe, nur um danach wieder hoch zu fahren. So ging das noch zwei- bis dreimal.
Die Bahn schwenkte dann jedoch nach rechts, nach unten und dann links, dann wieder nach oben und durch ein Gewirr von Kurven, Bergen und Tälern. Ganz zum Schluss war es besonders aufregend. Es wurde immer schneller und die Kurven immer schärfer.
Ein prickelndes Gefühl fuhr Ginta durch den Körper. Bis dann, in der letzten Kurve, er so in die Kurve gedrückt wurde, dass ein stechender Schmerz durch seine Brust fuhr. Er presste seine Hand dagegen, um dem Schmerz irgendwie entgegenzuwirken.
Matra bemerkte dies und sprach ihn nach der Fahrt darauf an.
Sie schlug ihm vor, sich auf eine Bank zu setzen und einmal nachzusehen, was war. Bis dahin holte sie Getränke.

Ginta setzte sich auf eine Bank, sah sich seine Verletzung an und entdeckte, dass dieser äußerlich nichts passiert war. Es schmerzte nur ungeheuerlich.
Matra hatte zwischenzeitlich auch Milchshakes besorgt, die sie entspannt tranken.
Sie unterhielten sich, bis diese Stille einkehrte und sich Ginta an den Anfang des Tages erinnerte.
Doch war das, an was sich Ginta erinnern wollte? Es ging ihm wohl eher ums Vergessen. Er wollte die Shal vergessen. Er wollte seine Verletzung vergessen. Und er wollte Shiana vergessen.
Wirklich? Nun musste Ginta sich selbst in seinen Gedanken unterbrechen. Er wollte Shiana wirklich vergessen? Nein. Sie als Person nicht, aber doch wohl eher die Spannung, die gerade zwischen ihnen herrschte.
Er konnte sich keinen Reim darauf machen, wieso Shiana in letzter Zeit so eigenartig war.
Aber wie konnte er sich auch ein Urteil machen, wenn er sie eigentlich gar nicht kannte? Sie hatte kaum von sich erzählt und… Vielleicht war sie einfach so?
„Oh, da kommen die anderen“, weckte ihn Matra aus seinen Gedanken.
Tatsache. Sayoko, Jumon, Shiana, Tsuru, Denji und Kûosa kamen in einer Gruppe an.
„Wisst ihr was?“, strahlte Denji, „Es wird später ein super tolles Feuerwerk geben! Da hatten wir mal Glück, was?“
„Ein Feuerwerk!“, jubelte Tsuru und zog an Gintas Ärmel, als ob sie wollte, dass er sich auch freue.
„Ein Feuerwerk? Ist ja toll!“, sagte Ginta und stand auf, „Wann geht es denn los?“
Er sah zum Horizont. Die Sonne war allmählich am Untergehen. Wie schnell doch die Zeit verflog.
„Bald“, antwortete Denji und drängte dann, „Los, wir sollten uns einen tollen Platz suchen! Das Feuerwerk findet in der Nähe des Riesenrades statt.“
„Dann gehen wir da mal hin“, meinte Sayoko und lächelte Ginta an.
Er lächelte zurück. Dann sah er in die Gruppe und seine Freunde lächelten ihn alle an.
Für diesen Moment waren seine Sorgen vergessen.
‚Sollte es genießen, meine Freunde um mich zu haben‘, wiederholte er immer wieder in Gedanken.
So schlenderten die Freunde durch den Park, auf der Suche nach einem guten Platz. Als auch schon die Sonne ganz verschwunden war und nur wenige Wolken den Sternenhimmel verdeckten, da begann auch schon das Feuerwerk. Seine vielfältige Pracht von kleinen und großen Explosionen aller Art und jeglicher Farbe des Regenbogens ließ alle für einen Moment ihre Sorgen vergessen und den Abend genießen.
Stellt sich nur die Frage, ob das ihr letzter Abend war, den sie so genießen konnten.

 


Kapitel 69 – Einsicht in düstere Arbeiten

Oto, Ama und Ryoma betraten eine kleine Hütte, die sich tief im Wald befand. Ihre Wände, sowohl auch das Dach bestand aus modrigen, alten Holzstämmen, die ziemlich zerfallen wirkten. Trotz des verwitterten Äußeren, war das Innere gemütlich. Es stand ein Sofa, auf dem viele unterschiedliche Decken übereinander gestapelt waren, vor einem kleinen Kamin. Hinter dem Sofa stand ein Holztisch mit vier Stühlen, wobei einer davon ein alter Klappstuhl war.
Ryoma klappte diesen zusammen und stellte ihn beiseite. Dann nahm er all die Dokumente und Papiere, die auf dem Tisch lagen, und warf sie in eine Ecke des Raumes. Aus einem kleinen Schrank holte er Tassen heraus, putzte sie mit seinem Ärmel ab und stellte diese auf den Tisch.
„Ich hoffe die sind für euch okay“, sagte er, ohne auf eine Antwort zu hoffen. Dann bat er Oto und Ama mit einer Handbewegung sich hinzusetzen. Bevor er sich auch hinsetzte, ging er noch einmal nach draußen, um einen Teekessel mit Wasser zu füllen. Diesen hing er dann über das prasselnde Feuer.
„Wie lang bist du schon hier?“, erkundigte sich Oto.
„Nicht lange, nachdem ich gegangen bin. Hab leider kaum ein Zeitgefühl mehr, seitdem ich mit meinen Recherchen angefangen habe.“
Dann herrschte ein wenig Stille, bis das kochende Wasser die Ruhe wieder störte. Ryoma nahm den Kessel vom Feuer, und goss jede Tasse mit etwas heißem Wasser voll. Die Teeblätter darin verströmten sofort einen angenehmen Duft.
„Er muss ein wenig ziehen“, gab Ryoma von sich und stellte den Kessel wieder zurück an den Kamin.
Die Drei ließen noch einige Minuten der Ruhe verstreichen. Ryoma drehte das Sofa herum, und setzte sich darauf, lehnte sich an den Berg von Decken und pustete vorsichtig den heißen Dampf von seinem Tee.
„Willst du uns das alles nicht noch einmal erzählen?“, bat Ama, der als erster wagte einen Schluck zu nehmen.
Ryoma nickte, nippte an seinem Tee und hielt die warme Tasse ruhig in seinen Händen.
„Es fing damals an, als mein Vater kaum zu Hause war. Er war ein Abenteurer, erzählte mir meine Mutter mir immer, und wenn er mal zu Besuch kam, brachte er mir immer etwas von seinen Abenteuern mit. Außerdem lehrte er mir während seiner Anwesenheit das Schwertkämpfen. Mein Vater war ein Held für mich.“
Ryoma machte eine kurze Pause und ließ die Worte auf Oto und Ama einwirken. Er nippte wieder an seinem Tee.
„Nun ja. Ich wollte auch Abenteurer werden und bin selbst auf Reisen gegangen. Dann traf ich Ginta und es dauerte nicht lang, bis ich euch alle kennengelernt hatte.“
Er grinste leicht, als er das sagte. Als er jedoch zu Oto rüber sah, die verlegen lächelte, weil sie ein solch ehrliches Lächeln von Ryoma nicht gewohnt war, verging sein Lächeln auf einmal.
„Jetzt überspringe ich einfach mal den Teil, bis wir zum Med-Dorf kamen. Da lernte ich einen jungen Mann kennen. Einen Schmied. Ich kam mit ihm ins Gespräch und es stellte sich heraus, dass er meinen Vater kannte. Anscheinend kannte er meinen Vater besser als ich. Dad hatte sich nämlich lange Zeit um ihn gekümmert und ach…“
Oto merkte, wie einige Gefühl in Ryoma wieder zur Oberfläche gelangten.
„Dann habe ich den Entschluss gefasst, mehr über meinen Vater herauszufinden. Aber das war nicht der einzige Grund, der mich anspornte. Der junge Schmied zeigte mir ein Photo von sich und meinem Vater…“
„Was war denn?“, hakte Ama nach.
Ryoma sagte zunächst nichts. Oto blickte ihren Freund fragend an, der nur mit den Schultern zuckte und weiter seinen Tee trank.
„Er trug das Outfit der Shal…“
Oto schluckte schwer, als sie das hörte.
„Jetzt wird mir einiges klar.“
„Ich war verwirrt. Deswegen musste ich einfach gehen, versteht ihr?“
Die Beiden nickten. Nun war es viel verständlicher, wieso Ryoma auf einmal abgehauen war.
„Was hast du bisher herausgefunden? Und wie bist du überhaupt zu den Shal gelangt?“, fragte Oto, die neugierig auf den Stapel Dokumente blickte, der in der Ecke lag.
„Das ist eine gute Frage. Es war mehr Zufall, als sonst. Ich bin zufällig auf eine Basis gestoßen. Eigentlich wollte ich sofort hinein stürmen, aber ich dachte mir dann, dass es nicht so gut wäre. Da kam ein Kerl vorbei, in den Klamotten der Shal. Ich schlug ihn nieder, und klaute mir die Klamotten, um daraufhin in die Basis hineinzuschleichen. Der Witz dabei war, dass die Person, die ich niederschlug, ein Neuling war, den kaum einer kannte. Deswegen war es ein leichtes für mich, seinen Platz einzunehmen.“
„Und was hast du jetzt herausfinden können?“, wiederholte sich Oto ungeduldig.
„Ich konnte in den Archiven, in denen wir uns getroffen hatten, einige Dokumente finden, die etwas über meinen Vater aussagten, wann er im Med-Dorf war und wieso. Er hatte sich damals wegen einer Krankheit behandeln lassen und war deswegen in der Zeit kein aktives Mitglied. Die Aufzeichnungen aber konnten mir nicht sagen, wohin er gegangen war und wo er sich jetzt befindet. Seitdem bin ich wieder auf der Suche und versuche auch, in so viele Basen der Shal hineinzukommen, um dort Dokumente über meinen Vater zu finden.“
„Du wirst das schon schaffen!“, munterte Oto ihn auf.
„Aber du meintest, du willst die Shal von innen zerschlagen?“, wechselte Ama das Thema.
Ryoma lächelte melancholisch.
„Als ob ich das nicht täte“, murmelte er vor sich hin. Ein großes Fragezeichen war Ama wie ins Gesicht geschrieben.
„Auf jeder Mission, auf der ich bisher war, habe ich solche Vorbereitungen getroffen, dass sie in die Hose ging, natürlich so geschickt, dass die Shal nicht bemerkten, dass ich da meine Finger im Spiel hatte.“
„Schlauer Bursche“, grinste Ama und trank seinen Tee leer.
Oto stand auf, setzte sich neben Ryoma und umarmte ihn einmal.
„Das hast du dir verdient, weil du so fleißig bist“, lächelte sie.
„O… Otochen!“, stotterte Ryoma, der plötzlich ganz rot wurde.
Ama verdrehte nur seine Augen.
„Und wie können wir dir helfen?“
„Oto, das ist eine gute Frage…“, Ryoma stand auf und durchkramte die Dokumente, die in der Ecke lagen. „Ich hab eine Idee. Ich kann in einigen Tagen an eine Basis am Meer versetzt werden. Dort war ich noch nicht und es ist eigentlich auch nicht wirklich weit weg. Mit meiner Hilfe, kann ich euch mitnehmen und dort könnt ihr mir helfen.“
Oto nickte. Ama nickte ebenfalls bestätigend.
„Aber wichtig ist, dass ihr auf jeden Fall auf meine Anweisungen hört, geht das klar?“
„Geht klar!“, sagten beide gleichzeitig.

Nach einigen Tagen war es so weit. Ryoma schaffte es, Oto und Ama die richtigen Klamotten zu besorgen und sie in die Basis einzuschleusen, ohne einen großen Aufstand machen zu müssen.  Nun konnten sich die Drei das Lager vornehmen.
Es standen vier riesige Regale mit Dokumenten und Büchern in der großen Lagerhalle. Oto und Ama machten sich sofort daran, nach Dokumenten über Ryomas Vater zu suchen. Ryoma selbst suchte auch, aber passte immer wieder auf, dass sie nicht erwischt werden konnten.
Es dauerte mehr als zwei Stunden, bis endlich ein Regal durchgearbeitet wurde und so kamen die Drei zum letzten Regal, das sie sich zusammen vornahmen.
Rasend schnell hatten sie die Dokumente abgesucht und immer noch nichts gefunden.
Ryoma seufzte.
„Scheint wohl, als hätten wir Pech“, murmelte Ama.
„Vielleicht finden wir in der nächsten Basis etwas“, versuchte Oto die Jungs aufzumuntern.
„Ja, gucken wir, dass wir so schnell wie möglich versetzt werden…“
Oto war gerade dabei etwas zu sagen, bis sie einen Schrei hörten. Einen Schrei von einer bekannten Person.
Ryoma wunderte sich erst, stürmte dann aber hinter den vielen Regal hervor und sah zwei Shal, die zwei Mädchen auf Stühle zerrten. Ein Mädchen war bewusstlos und das andere wehrte sich mit allen Mitteln.
„Lasst mich los ihr Bastarde!“, schrie eine Frau mit pinken Haaren.
Doch der Shal schlug ihr mit der flachen Hand einmal ins Genick und die Frau sackte bewusstlos zusammen.
Dann fesselten die zwei Shal auch sie auf den Stuhl.
Ryoma hatte das beobachtet und kam ganz unauffällig hinter einem der Regale, die mit Kisten vollgestopft waren, hervor.
„Ah, die Wache?“, brummte einer der Shal.
Ryoma nickte. „Ab hier übernehme ich.“
„Endlich“, meinte der andere Shal, „Diese Tussi hat mir in die Hand gebissen.“
„Machen wir Pause“, brummte der andere Shal und zusammen gingen sie aus der Lagerhalle.
Ryoma ging noch einmal sicher, dass alles sicher war und winkte Oto und Ama zu sich herbei.
„Schaut euch das mal an“, meinte er, als er zusammen mit seinen zwei Freunden vor den gefesselten Personen stand.
„Was machen Sayoko und Shiana hier…“, flüsterte Oto, die sich in diesem Moment starke Sorgen machten.
„Das werden wir erfahren, wenn die beiden aufwachen“, sagte Ama.
Ryoma ballte seine Faust. In diesem Augenblick stieg seine Wut gegenüber den Shal wieder auf ein Vielfaches an.


Kapitel 70 – Geentert

Der Morgen brach an, als Ginta auf dem Balkon eines Gasthauses sitzend, die Wolken betrachtete, die sich in Pastellfarben am Himmel abzeichneten. Er dachte über die gestrige Nacht nach.
Wenn er nur die Augen schloss, konnte er sich wieder die prächtigen Farben des Feuerwerks in die Erinnerung rufen. Aber da gab es noch ein anderes Bild, das seine Gedanken viel mehr beherrschte. Es war Shiana. Sie stand mit dem Rücken zu ihm und beobachtete das Feuerwerk. Die bunten Lichter umschmeichelten ihre blasse Haut. Eine ruhige Brise ließ einige ihrer Haarsträhnen schweben. Ihre Augen glitzerten, aber nicht für ihn, dachte Ginta sich.
Warum legte er so viel Wert auf ihre Meinung? Warum wollte er unbedingt diese Anerkennung?
„Ein schöner Morgen“, sprach plötzlich eine Stimme. Ginta schreckte auf und drehte sich um.
Es war Shiana.
„In der Tat“, sagte er leise. Innerlich seufzte er.
Dann betrachteten sie eine Weile die aufgehende Sonne, bis die anderen alle wach wurden. Es dauerte nicht lange, da waren alle wieder bereit, weiterzureisen. Denji und Tsuru hätten liebend gern noch einen Tag im Freizeitpark verbracht, doch Sayoko drängte sie dazu, den Freizeitpark wieder zu verlassen.
So machten sich die Freunde auf den Weg zum Luftschifflandeplatz.
„Wie kommen wir jetzt eigentlich zurück?“, fragte Jumon, der schon wieder ein Buch las.
„Müssen uns wohl Tickets für das nächste Luftschiff kaufen“, seufzte Sayoko, die ans Geld dachte und es innerlich zählte.
„Wie es scheint, ist Fenya nicht da“, gab Ginta von sich und kratzte sich währenddessen den Hinterkopf.
„Das dachte ich mir schon“, gab Sayoko genervt von sich.
„Ich will nicht wieder fliegen“, murmelte Tsuru mit zitteriger Stimme.
„Dir kann doch nichts passieren“, beruhigte Shiana sie.
„Aber…“, schmollte Tsuru, wurde dann aber von Kûosa getröstet, der seine Tatze sanft auf ihre Schulter lag.
„Können wir nicht doch noch etwas bleiben?“, murmelte Denji, der dem Riesenrad, das hinter den Häusern zu sehen war, traurig hinterher blickte.
„Da müssen wir jetzt durch“, sagte Matra kalt.
Die Freunde schlenderten weiter über den Landeplatz und sahen sich die Luftschiffe an. Ginta und Sayoko planten schon, mit welchem sie gerne fliegen würden. Als sie gerade dabei waren, eines näher zu betrachten, hörten sie plötzlich eine Stimme nach ihnen rufen.
„HEY! Wartet mal!“, brüllte Fenya T. Sendo, die gerade angerannt kam. Sie stoppte vor den Freunden, beugte sich kurz nach vorne und dann wieder nach hinten um tief Luft zu holen und begrüßte die Freunde.
„Na, was macht ihr hier denn so?“
„Hallo Fenya“, wurde sie von allen begrüßt.
„Wir wollten gerade wieder zum Festland zurückfliegen“, erklärte Ginta.
„… und suchen uns deshalb ein billiges Luftschiff“, vervollständigte Sayoko den Satz.
„Wirklich? Das trifft sich aber gut!“, lachte sie, „Bin gerade dabei die Sachen, die ich hier her geflogen habe, zurück aufs Schiff zu laden.“
„Wieso das denn? War die Auktion nicht erfolgreich?“, hakte Jumon nach, der daraufhin die Nase wieder in sein Buch steckte.
„Ja… die Auktion verlief wirklich nicht gut“, meinte Fenya und gestikulierte mit ihren Händen, „Die reichen Schnösel waren doch wohl nicht so reich für dieses Zeugs, oder es hat ihnen einfach nicht gefallen.“
„Dabei gibt es doch immer Idioten, die kaufen“, murmelte Sayoko.
„Auf jeden Fall, muss ich das Zeugs wieder zurückbringen. Und als ich am Einladen war, hab ich euch gehört. Wollt ihr nicht wieder mitkommen? Dafür dass ihr mir gestern geholfen habt, konnte ich euch noch nicht genug danken!“
„Oh, das ist aber lieb!“, bedankte sich Ginta.
„Wir nehmen an, wir nehmen auf jeden Fall an!“, jubelte Sayoko.
„Ich will nicht fliegen!“, quietschte Tsuru.
„Leute, machen wir nicht einen Deal?“, schlug Denji vor, „Ich bleibe mit Tsuru hier und ihr könnt fliegen.“
„Nichts da!“, schimpfte Matra und zog Denji am Ohr.
„Das tut weh!“, jammerte er.
„Beruhigt euch doch mal“, seufzte Jumon, der schon vorausging.
„Kommt einfach mit!“, lächelte Fenya.
Also machten sich die Freunde, einschließlich der Kapitänin auf den Weg zum Luftschiff, stiegen ein und warteten nur darauf, endlich los zu fliegen.

Ginta sah diesmal mit Sayoko zusammen aus einem der Fenster. Als Sayoko bemerkte, dass sie ungestört waren, fing sie an zu reden.
„Ginta…“
„Was ist denn Sayoko?“ Er sah sie fragend an.
„Ist alles okay zwischen dir und Shiana? Ich hab das Gefühl, dass…“
„Ach…“, unterbrach er sie, „Das ist nichts, wirklich.“
„Ich habe aber das Gefühl, dass da etwas ist. Bist du etwa verlie…“
„Nein, das bin ich nicht!“, wehrte sich Ginta und drehte seinen Kopf weg, der etwas rot wurde.
„Weißt du. Ich mache mir nur Sorgen, dass etwas passieren könnte, weil… weil es langsam ernst wird, so habe ich das Gefühl.“
„Du meinst die Sache mit den Shal?“
Sayoko nickte. „Sie waren in letzter Zeit so still und plötzlich geraten wir wieder in eine Situation nach der anderen? Da ist doch etwas im Busch.“
„Es wird ernst…“, sprach Ginta leise vor sich hin.
Richtig, er konnte sich doch in so einem Moment nicht die Gedanken mit etwas anderem vernebeln. Es waren die Shal, hinter denen er her war und es war seine oberste Priorität sie zu zerschlagen. Doch traute er es sich überhaupt noch zu? Ginta zweifelte. Es war so viel in letzter Zeit passiert. Oto war nun im Med-Dorf, Ryoma war einfach verschwunden und dann hatte er auch noch die anderen kennengelernt. Zuletzt natürlich auch noch die Sache mit Shiana, bei der er sich immer unsicherer wurde. Irgendwie empfand er schon etwas für sie, aber ob er verliebt war, wusste er einfach nicht.
Auf einmal wurde er durch ein starkes Rucken aus seinen Gedanken gerissen. Sayoko verlor den Halt und fiel auf den Boden.
„AH!“, kreischte Tsuru, „Es passiert doch etwas, habe ich doch gesagt!“
In dem Moment wurde eine Türe aufgerissen und Fenya kam hereingestürmt.
„Wir werden angegriffen! Da sind dieselben Kerle, die uns gestern attackiert haben, auf den Stegen draußen!“, brüllte sie und hastete zum Lagerraum, „Ich schätze sie wollen sich wieder die Schätze krallen!“
„Hier in der Luft!?“, wunderte sich Ginta, schnappte sich seine Tasche, aus der Myu schon herausgesprungen war und krallte sich seinen Stab.
„Diese Shal!“, rief Sayoko entsetzt.
„Irgendwie müssen wir sie aufhalten“, meinte Matra kühl, die ihre Äxte schon griffbereit in den Händen hielt.
Ein weiterer starker Ruck erschütterte das Luftschiff.
„Was machen die da!?“, beschwerte sich Denji, der mittlerweile seine Tigerkrallen aus seiner Tasche herausgeholt hatte.
„Auf geht’s!“, meinte Ginta und stürmte hinaus zu den Stegen.
„Shiana, du passt auf Tsuru auf, okay?“, befahl ihr Sayoko. Shiana nickte und drückte Tsuru fest an sich.
Kûosa stellte sich beschützend vor die beiden Mädchen.
Ginta riss die Tür auf und ein heftiger Windstoß blies seinen Mantel wild um seine Schultern. Auf den Stegen, die es ringsum das Luftschiff gab, rannten einige Shal herum. Ein anderes Luftschiff versuchte gerade anzudocken. Einige Leitern, über die die Shal rannten, verbanden die beiden Schiffe.
Ginta schlug einige Shal mit seinem Stab von den Stegen, die dann hinab ins Meer fielen. Seine Wunde machte sich wieder bemerkbar, doch der Schmerz der durch seine Brust fuhr, war ihm in diesen Momenten egal.
Die anderen fingen auch an, gegen die Shal, die versuchten mit aller Gewalt ins Lager zu kommen, zu kämpfen.
Nach wenigen Augenblicken hatte Ginta eine Idee, holte Matra und Denji zur Hilfe und kletterte über die Leitern zum anderen Schiff. Einem Shal schien das gar nicht zu gefallen und versuchte, die Leiter zu lösen. Doch Ginta konzentrierte sich und schleuderte einen starken Windstoß auf den Kerl, der dann gegen die Wand des anderen Luftschiffes geschleudert wurde. Jedoch konnte Ginta durch das Wackeln der Schiffe nicht so gut zielen und traf deswegen auch das Geländer, an dem die Leiter eingehakt war. Eine Seite lockerte sich und so baumelte die Leiter nur noch an einer Kante an den Geländern. Zum Glück schafften die drei es, sich noch rechtzeitig festzuhalten und sich zum anderen Schiff hinüber zu hangeln.
In der Zwischenzeit kämpften Sayoko und Jumon gegen die Shal, die schon ins Lager eingebrochen waren und konnten sie erfolgreich von den kostbaren Gegenständen fernhalten. Fenya schnappte sich ebenfalls einen Dolch und kämpfte erbarmungslos gegen die Eindringlinge.
Shiana hingegen kämpfte nun auch zusammen mit Kûosa gegen Shal, die in den Raum hinein gestürmt kamen. Sie schaffte es mit Lichtbarrieren die Feinde von Tsuru fernzuhalten, die weinend an eine der Wände gelehnt auf dem Boden saß.
Ginta, Denji und Matra kämpften sich mittlerweile bis zur Brücke des Luftschiffes vor. Matra trat die Tür ein, die wie ein Betonklotz auf den Boden fiel.
„Schluss damit!“, brüllte Ginta um die Shal aufzuhalten, realisierte dann jedoch, was wirklich los war. Es war ein Shal, der leuchtende Kugeln auf seine Kollegen schleuderte und ihn etwas aus seinem Konzept brachte.
„Was macht ihr denn hier!?“, brüllte der Mann, der während er kämpfte, seine Kapuze abnahm.
„Riven Kire, du bist das!“, stellte Ginta erschrocken fest.
„Natürlich bin ich es, wer sonst!? Und jetzt labert nicht sondern helft mir!“
Denji und Matra stürmten gleich auf einige der Shal los. Dabei stellte sich Denji etwas ungeschickt an. Er war plötzlich so in Rage verfallen, dass er nicht merkte, dass seine Tigerkrallen elektrische Funken von sich warfen und so eine Kiste, die nicht weit von ihm entfernt war, in Brand setzte.
Ginta brachte durch seine Kampfkünste mit seinem Kesobou einige andere Shal in die Knie.
„Was machst du hier!?“, fragte Ginta schnaufend.
„Ich leite diese Mission eigentlich, wollte sie aber mit Absicht scheitern lassen!“, entgegnete Riven, der wohl nicht außer Puste kam.
„Kommen wir ungelegen?“, lachte Matra, die eher ihre Äxte um ihren Körper herum jonglierte, als konventionell zu kämpfen.
„Ein wenig…“, murmelte Riven, der sich wieder konzentrierte. Seine Augen leuchteten kurz auf, als er wieder einige Energiebälle auf seine Gegner schleuderte.
Einer der Shal schlug Ginta auf einmal richtig auf die Brust. Er war so schnell, dass Ginta den Schlag nicht parieren konnte.
Er hustete auf und schritt etwas zurück, als er sich nach vorne beugte.
Der Schmerz wurde jedoch schnell von der Wut überdeckt, die gerade in ihm aufquoll. Seine Hände leuchteten in einer blauen Farbe und er schrie. Sein Schrei manifestierte sich zu einem Wirbelwind, der seinen Gegner so gegen das Fenster drückte, dass es zerbarst und durch den Sog den Shal nach draußen beförderte.
Gintas Wirbelwind entfachte das kleine Feuer, das auf der Kiste brannte, die Denji aus Versehen anzündete und es sprang nun auf die Steuerung des Luftschiffes über. Es dauerte nicht lange, da stand die Hälfte des Raumes in Flammen.
„Was macht ihr nur!?“, beschwerte sich Riven lautstark, „Mein schöner Plan!“
„Shit“, stammelte Denji vor sich hin, als in den Raum ein dicker Shal trat, der eine Kanone auf dem Rücken trug.
„Das war es dann wohl“, murmelte dieser und zielte mit seiner Kanone direkt auf die Freunde. Er drückte ab und eine Rakete schoss direkt auf Ginta.
„NEIN!“, schrien Ginta und Riven gleichzeitig, streckten ihre Hände aus und schleuderten mit Energie und Wind die Rakete beiseite. Sie brach direkt durch eine der Wände und schlug auf dem anderen Luftschiff ein.
Ein starkes Rucken machte sich bemerkbar.
„Was hast du getan!?“, rief Ginta und stürmte auf den dicken Shal zu und stieß ihm seine Waffe direkt in den Magen.
„Ginta!“, rief Matra auf, packte seine Schulter und zerrte ihn zurück. „Wir sollten jetzt verschwinden!“
Denji und Riven folgten den zweien und wollten zurück auf das Luftschiff, dass nun in riesigen Flammen stand.
Sayoko, Jumon und Fenya warteten schon auf die Freunde. Doch bevor sie zurück klettern konnten, zerbrach die Leiter und fiel ins Meer, welches auf einmal viel näher zu sein schien.
„Wenn das Luftschiff so weiter brennt, stürzen wir bald ab!“, rief Fenya.
„Wenn ihr wüsstet!“, hörten Ginta, Denji und Matra von hinten. Der Shal, der gerade von Ginta besiegt zu sein schien, kroch aus dem brennenden Raum und feuerte eine weitere Rakete auf das Luftschiff ab.
Man hörte nur noch eine laute Explosion.
Tsuru, Kûosa und Shiana stürmten zu den Stegen, auf denen sich schon Jumon und Sayoko befanden. Ginta und die anderen sahen zu, wie Fenyas Luftschiff, das von der zweiten Rakete ebenfalls getroffen wurde, immer mehr absank.
„Verdammt!“, brüllte Denji.
„Shiana!“, rief Ginta und stürzte sich auf das Luftschiff, das nun einige Meter tiefer flog.
Er sah im freien Fall noch die entsetzten Gesichter seiner Freunde.
Dann brach ein Teil des Luftschiffes ab und es fiel schneller in Richtung Meer. Seine Freunde hielten sich mit aller Kraft an den Geländern fest.
Denji und Matra, die erstaunt waren, dass Ginta dem abstürzendem Luftschiff einfach so hinterher sprang, taten es ihm gleich und auch Riven folgte ihnen kurz darauf.
„Shiana!“, brüllte Ginta, als er fiel.

Er fiel.
Der freie Fall war für ihn kaum zu spüren, sein Schmerz in der Brust war für ihn kaum zu spüren. Er wollte nur nicht seine Freunde verlieren. Die Angst vor diesem Schmerz, war ihm Schmerz genug.
Dann ging alles schnell. Ginta hörte Fenya noch etwas schreien. Irgendetwas von wegen abspringen.
Die Tränen, die sich in seinen Augen bildeten, versperrten ihm mehr und mehr die Sicht. Das laute Flattern seines Umhangs und einige Explosionsgeräusche ließen ihn nichts mehr hören. Er sah die Silhouetten seiner Freunde, die Hand in Hand mit Fenya von dem brennenden, abstürzendem Luftschiff absprangen.
Einige kleine Metallteilchen schlugen ihm ins Gesicht. Er spürte die Hitze des Feuers und die Kälte des Fallwindes.
Dann sah er vor lauter Tränen nichts mehr und seine verkrampfte Haltung lockerte sich. Im Flug drehte er sich etwas um sich herum, bis er dann eine stabile Rückenhaltung einnahm. Die Tränen flogen alle einzeln nach oben und er konnte den Glitzernden Wassertropfen noch nachschauen. Am Himmel sah er die Silhouette dreier Personen, die sich im Schatten des anderen, brennenden Luftschiffes kaum unterschieden.
Ginta versuchte sich mit seinen Händen irgendwo festzuhalten, doch das einzige was er spürte war der starke Fallwind in seinen Handflächen.
Was sollte er jetzt nur machen? Wie konnte er seine Freunde retten!?
Er atmete immer schneller, was auch daran lag dass er durch den Wind, der um ihn herumwirbelte jeglicher Atem wegblieb. Er schnaufte und spürte, wie sein ganzer Körper zu pochen anfing. War es jetzt vorbei?
Von Denji und Matra vernahm er noch ein leises Rufen.
Dann gab es einen riesigen Aufprall mit dem Wasser. Wäre das Luftschiff nicht zuerst ins Wasser gestürzt, wäre die Landung sicher um einiges härter geworden.
Vor Gintas Augen wurde es zunehmend schwärzer. Er fühlte sich schwer und sein Körper pochte vor Schmerz. Er versuchte sich mit letzter Kraft irgendwie zu bewegen, er versuchte zu Atmen und schluckte etwas Wasser.
Seine Sicht wurde mit der Panik etwas schärfer. Plötzlich fühlte er, wie er durch einen Scheinwerfer angestrahlt wurde. Er strampelte im Wasser umher und sah die Umrisse seiner Freunde im Wasser.
Dann sah er einen riesigen Schatten hinter den Scheinwerfern, der sich ihm näherte. Er blickte in große, leuchtende Augen eines riesigen Monsters, die ihn anstarrten. Dann vernahm er jedoch ein mechanisches Geräusch und als das Ding näher kam, streifte es seinen Körper und er merkte, dass sein Äußeres eine Schale aus Holz hatte.
Was war das? Wunderte er sich, bis er jedoch eine Antwort darauf bekam, wurde er ohnmächtig.